Die Region um St. Leonhard war im Mittelalter und der frühen Neuzeit ein bedeutendes Zentrum des Bergbaus. Tief in den Lavanttaler Alpen verbargen sich reiche Erzvorkommen, die Menschen von nah und fern anzogen. Der Bergbau prägte nicht nur die Landschaft, sondern auch das Leben der Menschen, insbesondere der Bergknappen, die unter oft gefährlichen Bedingungen in den dunklen Stollen arbeiteten. In einer Welt, in der das Wissen über die Natur und ihre Gefahren begrenzt war, spielte der Aberglaube eine zentrale Rolle. Die Knappen entwickelten eine Vielzahl von Geschichten und Bräuchen, die ihnen halfen, die unheimliche und unberechenbare Welt unter Tage zu verstehen und mit ihr umzugehen.
1. Die Entdeckung alter Stollen und der „Alte Mann“
Einer der faszinierendsten Aspekte des Bergbaus in St. Leonhard war das gelegentliche Stoßen auf alte, verlassene Stollen, die von früheren Generationen gegraben worden waren. Diese „Alten Männer“, wie sie von den Bergknappen genannt wurden, galten als mysteriöse Relikte aus der Vergangenheit. Es war nicht ungewöhnlich, dass die Knappen glaubten, diese alten Stollen seien von Geistern oder übernatürlichen Wesen bewacht, die die neuen Arbeiter vor dem Eindringen in ihr Territorium warnen wollten.
Die Furcht vor diesen alten Stollen war so groß, dass die Knappen oft besondere Rituale durchführten, um sich vor den vermeintlichen Gefahren zu schützen. Manchmal wurden kleine Opfergaben hinterlassen oder Gebete gesprochen, um die Geister zu besänftigen. Diese Bräuche zeugen von der tiefen Ehrfurcht und dem Respekt, den die Bergleute vor den unentdeckten Tiefen der Berge hatten.
Werner Thelian
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