Vor 90 Jahren: Am Krankenhausgelände wird die neue Chirurgie eröffnet

Das 1928 eröffnete Gebäude der Chirurgie war ein großer und wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Krankenhauses. Foto: Archiv.

Als am Sonntag, dem 14. Oktober 1928, am Gelände des Krankenhauses in Wolfsberg das neue Chirurgiegebäude eröffnet wurde, konnte der damalige Krankenhausdirektor Primarius Dr. Robert Mann neben Landeshauptmann Dr. Arthur Lemisch, Landeshauptmann-Stellvertreter Sylvester Leer und Prälat Dr. Odilo Frankl (Benediktinerstift St. Paul) auch zahlreiche Vertreter der Bundes- und Landesbehörden begrüßen.

Die Feierstunde bildete den Abschluss der insgesamt rund zwei Jahre dauernden Bauarbeiten, mit denen man 1926 unter hohem Personal- und Materialaufwand begonnen hatte und die am Gelände des Krankenhauses nach und nach ein für damalige Verhältnisse höchst modernes Chirurgie-Gebäude entstehen ließen. Im Neubau, der in Pavillonbauweise ausgeführt war, wurde neben der Chirurgischen Abteilung auch die Geburtshilfe, die damals und noch lange Zeit ein Teilbereich der Chirurgie war, untergebracht. Insgesamt standen 96 Patientenbetten zur Verfügung.

Festredner Sektionschef Dr. Scherer, der in Vertretung von Bundesminister Resch nach Wolfsberg gekommen war, hob in seinen Grußworten vor allem „die soziale Bedeutung der Neuschaffung nicht nur in Bezug auf die Behandlung im Hause, sondern auch auf die medizinische Volkserziehung zwecks Verhütung von Krankheiten und Säuglingssterblichkeit“ hervor. Nach der daran anschließenden Rede des Landeshauptmannes überreichte Stadtbaumeister Architekt Josef Urbani dem leitdenden Primararzt Dr. Robert Mann die Schlüssel des Hauses.

Nach der „feierlichen Einweihung“ durch Prälat Odilo Frankl ergriff dann Dr. Mann selbst das Wort:

„Kämpfen und Siegen, das ist der Gedanke von dem unser Zeitalter seit dem Weltkriege mehr denn je erfüllt. Soll dies Haus auch ein Hort des Friedens sein, so liegt doch seit Menschengedenken die Ärzteschaft im heißen Kampfe mit der Menschheit Erbfeind: dem Tode. Ein Kampf, Vernichtung gegen ihn zu führen, verstößt gegen die tiefsten Gesetze der Natur und ist heute ebenso aussichtslos wie in fernster Zukunft. Dem übermächtigen Gegner aber unter Aufbietung allen modernen Rüstzeuges der Medizin kühn den Kampf anzusagen und Freund Hein, wenn auch nicht für immer, in heißem Ringen zurückzudrängen – solch eine Aufgabe ist wohl des Kampfes wert! Dies ist die Pflicht, die Arzt und Schwester erfüllend vereinen. Soll aber dieser Kampf erfolgreich sein, so müssen die genannten Verbündeten wohl sich rüsten. Solch Rüstzeug hat uns die Landesregierung in fürsorglicher Weise durch die Errichtung eines neuen, allen modernen Anforderungen entsprechenden chirurgischen Pavillons ge­ge­ben, mit der Möglichkeit, die strengste Asepsis zu wahren, den Patienten die denkbarst hygienische Unterkunft zu schaffen und den Frauen eine Heimstätte zu errichten, wo selbst auch die ärmste Frau in einer ihr ungewohnt schönen und reinen Umgebung der schweren Stunde ihrer Niederkunft getrost entgegensehen kann.“

Nach dieser eindrucksvollen Rede des Direktors schritt man zur Besichtigung des Gebäudes, das sich den Gästen als zweigeschossiger Bau mit nach Süden ausgerichteter Hauptfront präsentierte. Die chi­rur­gischen Betten waren „durchwegs in kleineren Räumen untergebracht“, daneben gab es „sechs Badezim­mer sowie zwei den modernsten Anforderungen entsprechen­de Operationssäle mit Nebenräumlichkei­ten.“ Sämtliche Räume waren mit Warmwasser beheizbar, und jedes Krankenzimmer verfügte über eine Waschgelegenheit mit warmem wie kaltem Fließwasser.

„Bemerkt muss werden“, schrieb der Berichterstatter eines lokalen Nachrichtenblattes, „dass sämtliche Arbeiten nur von Wolfsberger Gewerbetreibenden zur Aus­führung gelangten und volles Lob verdienen. Diene das nun modernisierte und vergrößerte Krankenhaus weiterhin zum Wohle der Menschheit.“

Das 1928 eröffnete Chirurgie-Gebäude existiert heute nicht mehr. Jahrzehnte später wurde es in ein Pflegeheim für chronisch Kranke umgewandelt, ehe es 2009 endgültig abgetragen wurde.

Werner Thelian

 

Über Werner M. Thelian 94 Artikel
Jahrgang 1964, in Wolfsberg geboren und in Bad St. Leonhard aufgewachsen. Studium der Germanistik und Philosophie. Als Journalist, Autor und PR-Fachmann hat er zahlreiche Reportagen, Zeitungsserien und Bücher verfasst und gestaltet. Zu seinen Büchern gehören unter anderem Werke über das Lavanttal, wie »Bad St. Leonhard – Stadt mit Geschichte und Kultur« (1995), »Reichenfels – Ein Markt im Wandel der Zeit« (1996), »Lust auf Lavanttal« (2007), »Lavanttal – Wissens- und Sehenswertes« (2020) und »Brauchtum in Wolfsberg« (2023). Werner M. Thelian ist ein Kenner der Region, der seine Leser auf eine anschauliche Reise durch Gegenwart und Vergangenheit mitnimmt und dabei komplexe historische Zusammenhänge verständlich darstellt.

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