Wenn die Berge leuchten: Die Tradition der Osterfeuer im Lavanttal

In der Osternacht flammen auf den Hängen der Saualpe, der Koralpe und in den Tälern darunter unzählige Feuer auf. Sie kündigen die Auferstehung Christi an – und mit ihr das Erwachen der Natur, das Ende der Dunkelheit, die Rückkehr der Hoffnung. Das Osterfeuer ist einer der eindrucksvollsten Bräuche der Region – ein Schauspiel aus Licht und Glut, das tief in der Geschichte des Lavanttals verwurzelt ist.

Ursprünge im Nebel der Geschichte

Die genaue Herkunft des Osterfeuers ist nicht eindeutig belegt. Umso vielfältiger sind die Erklärungsversuche, die sich im Laufe der Jahrhunderte rund um diesen Brauch gebildet haben:

  • Eine alte Sage erzählt, dass die Feuer erstmals zur Vertreibung der Türken im späten 15. Jahrhundert entzündet wurden – als Zeichen des Sieges und der Befreiung.
  • Andere Deutungen führen die Tradition auf vorchristliche Frühlingsriten zurück, in denen das Feuer dazu diente, böse Geister zu vertreiben und die erwachenden Kräfte der Natur zu feiern.
  • Im christlichen Verständnis symbolisiert das Osterfeuer das Licht Christi, das die Dunkelheit des Todes besiegt.

Das Osterhaufenheizen – früher eine ernste Angelegenheit

Die Vorbereitungen begannen früher oft schon Wochen vor Ostern: Junge Männer sammelten dürre Äste, Dornbüsche und Fichtenreisig, um daraus mächtige Kegel zu schichten – die Osterhaufen. Diese wurden in der Osternacht, meist zwischen Mitternacht und zwei Uhr früh, entzündet.

Das „Osterhaufenheizen“ war eine stille, feierliche Handlung. Es wurde gebetet, gesungen und Böllerschüsse hallten durch die Nacht. Fackelzüge und Raketen trugen zur Atmosphäre bei.

Ein Lichtermeer im Tal

Wie viele Feuer es einst gab, lässt sich kaum ermessen. Ein Beobachter zählte über 1600 Feuer – und hörte auf zu zählen. Die Hänge leuchteten wie von Sternen übersät. Joseph Wagner schrieb 1849 von „tausenden Lichtern“, die das Tal in der Osternacht erhellten – ein Bild, das Ehrfurcht hervorrief.

Rituale und Bedeutungen

Das Osterfeuer war mehr als nur ein Feuer – es war ein rituelles Ereignis mit tiefer Symbolkraft:

  • Mit Palmzweigen und Weihrauch wurden Haus und Stall geräuchert.
  • Junge Paare sprangen durch das Feuer, um sich vor Krankheit zu schützen.
  • Feuerzeichen an Berghängen stellten Kreuze, Herzen oder Leidenswerkzeuge dar.
  • Brennende Räder wurden spektakulär ins Tal gerollt.
  • Die Asche wurde als Fruchtbarkeitsbringer auf Felder gestreut.

Ein Brauch, der weiterlebt

Auch heute noch lebt die Tradition. In vielen Orten des Lavanttals engagieren sich Gemeinschaften dafür, dass das Licht der Osterfeuer weiterhin Jahr für Jahr in der Osternacht erstrahlt. Der Brauch ist ein Zeichen für Hoffnung, Erneuerung und Zusammenhalt – und ein leuchtender Ausdruck regionaler Identität im Lavanttal.

Über Werner M. Thelian 95 Artikel
Jahrgang 1964, in Wolfsberg geboren und in Bad St. Leonhard aufgewachsen. Studium der Germanistik und Philosophie. Als Journalist, Autor und PR-Fachmann hat er zahlreiche Reportagen, Zeitungsserien und Bücher verfasst und gestaltet. Zu seinen Büchern gehören unter anderem Werke über das Lavanttal, wie »Bad St. Leonhard – Stadt mit Geschichte und Kultur« (1995), »Reichenfels – Ein Markt im Wandel der Zeit« (1996), »Lust auf Lavanttal« (2007), »Lavanttal – Wissens- und Sehenswertes« (2020) und »Brauchtum in Wolfsberg« (2023). Werner M. Thelian ist ein Kenner der Region, der seine Leser auf eine anschauliche Reise durch Gegenwart und Vergangenheit mitnimmt und dabei komplexe historische Zusammenhänge verständlich darstellt.

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