Als die Packer Höhenstraße eröffnet wurde

In den wirtschaftlich schwie­rigen 1930er Jahren wurde ein Straßenbauprojekt in Angriff genommen, das nicht nur für die Verkehrsanbindung des La­vanttals, sondern für den gesamten Süden Öster­reichs von größter Bedeutung war – der Ausbau der „Packstraße“, die künftig als modern ausgebaute Bundesstraße die Großräume Graz und Klagenfurt – mit Verlauf über den Packsattel, das Lavanttal, Griffen und Völkermarkt – verbinden sollte.

Als eines der schwierigsten Teilstücke erwies sich dabei die Strecke zwischen Preitenegg und Twimberg, mit deren Ausbau im April 1931 begonnen wurde. Nach rund zweijähriger Bauzeit war das Teilstück fertiggestellt und zu einer durchgehend rund 6 Meter breiten Fahrbahn ausgebaut. Vier Kehren mit Stützmauern und eindrucksvollen Bögen hatte man errichtet, was der neuen Packstraße den Ruf einbrachte, eine der schönsten und modernsten Alpenstraßen Österreichs zu sein. Offiziell wurde die neue Ost-West-Verbindung zwischen Graz und Klagenfurt, die 157,7 Straßenkilometer lang ist, im Mai 1936 eröffnet.

Ein Bericht von anno dazumal

Bereits vor der eigentlichen Eröffnung erschien im 3. Heft der Zeitschrift „Europa Motor“ der folgende Beitrag von Herbert Strutz:

„Die Packer Höhenstraße, welche Kärnten und Steiermark, Graz und Klagenfurt auf bequemste Art verbindet, wird am Pfingstsamstag (30. Mai) feierlich eröffnet. Aus diesem Anlasse finden Festakte in Graz, auf der Packer Höhe und in Klagenfurt statt. Gleichzeitig werden Zielfahrten an den Wörther See veranstaltet, wo zu Pfingsten die Wörther-See-Sportfeste eingeleitet werden.

Wer noch vor wenigen Jahren von Twimberg im Lavanttal den Weg über die Pack nahm, um in kürzester Zeit aus Kärntens fruchtgesegnetern Obstparadies in das steirische Weinhügelland zu kommen, der fand nicht viel mehr als eine völlig ländliche Karrenstraße vor. Eingesenkt in den schmalen Waldenstein-Graben und oft gefährlich bespült von den tosenden Wellen des Waldwassers, zwang sie sich durch Engpässe und über steile Berghalden bis zu den „Vier Toren“ hinauf und erschöpfte jenseits der kärntnerischen Grenze die Tragtiere so sehr, dass man in dem Bergdörfchen Pack die Lasten umpacken musste. Daher der seltsame Name. Dennoch wurde dieser Weg stets wieder gewählt. Der Eisenglimmerbergbau in Waldenstein bedurfte seiner zum Abtransport, der Wein kam über ihn herüber und bezeichnete ihn im Volksmund geradezu als Weinweg. Ja, sogar das Mittelalter, das seine Spuren in Burgen und Schlössern an der abseitigen Gebirgsstraße hinterließ, kannte ihn schon als Knüppelweg, und auch die Römer bedienten sich seiner.

Erst nach dem Eisenbahnbau, der Graz mit Klagenfurt über Marburg verband, geriet dieser Gebirgsübergang in Vergessenheit, um aber mit der Grenzverschiebung nach dem Weltkrieg, die das österreichische Bahnnetz unterbrach, erhöhte Bedeutung zu gewinnen. Und so war es mehr als nur ein Gebot der Fremdenwirtschaft, den Weg über den Berg zu einer Höhenstraße umzugestalten, die mit allen Mitteln der modernen Technik über das Gebirge gelegt wurde. Als nahezu 7 m breite Autofahrstraße mit einer Höchstneigung von 8%, die sich in den bis zu 30 und 40 m Krümmungshalbmesser ausholenden Kehren auf 2% ermäßigt, strömt das tischblanke Parkett jetzt dahin und erweist sich nach der Großglockner-Hochalpenstraße als kunstreichste Gebirgsstraße Osterreichs. Sickerschlitze entwässerten die Sumpfböden, Futtermauern, Stützmauern und Lehnengewölbe wurden aufgeführt und Dammschüttungen bis zu 13 m Höhe vorgenommen.

Und so erobert jetzt die Straße auch dem Motorreisenden eine Landschaft, durch die man in kürzester Zeit von der steirischen Hauptstadt zu den Kärntner Seen gelangt. Malerisch liegt das Dörfchen Edelschrott an der Strecke. Der blaue Spiegel des großen Packer Stausees grüßt zur Straße empor. Das Kirchendorf Pack läutet Gruß und Willkommen. Im Steigen breitet sich dem Blick das Köflacher Becken hin. Die Höhenzüge des Hochlantsch und Schöckl verschweben in blauer Ferne. Almwiesen leuchten auf, strahlen Düfte aus. Hochwald düstert um die Fahrbahn, schließt sich und öffnet sich und Höhen überraschen mit Nah- und Fernblicken. Die Stub-, die Glein- und die Saualpe werfen ihre Wellen her und fluten zurück, der Zirbitzkogel wölbt sanft seinen Gipfel. Südliche Bläue strömt über den Himmel herauf, Bergblumenwürzen wehen über die fast 1200 m hohe Kammstrecke.

Und dann schreibt Preitenegg seine Dorfzeile an die Straße. Kehren gleiten über eine kunstvolle Hangentwicklung talwärts, stellen das mächtige, sagenumwobene Schloss Waldenstein in das Blickfeld, holen aus, um die Straße durch eine Enge in die Talweitung des schönheitgesegneten Waldensteiner Grabens zu senken und sie an einem Wasserfall vorbei zwischen schroffen Felswänden und dem Bergbach nach Twimberg zu bringen, wo sie schließlich wie ehemals in das hier schluchtartige Lavanttal einmündet. Aber welcher Unterschied von Einst und Jetzt! Welche Herrlichkeit der Straßenführung! Kärnten und Steiermark begegnen sich hier und erschließen ein Gebiet, das bald von Mund zu Mund gepriesen und als Mittelgebirgslandschaft jedem Reisenden zur Verführung und zum Anlass werden wird, der Schönheit Osterreichs ein neues Loblied anzustimmen.“ (Herbert Strutz)

Werner Thelian

Über Werner M. Thelian 94 Artikel
Jahrgang 1964, in Wolfsberg geboren und in Bad St. Leonhard aufgewachsen. Studium der Germanistik und Philosophie. Als Journalist, Autor und PR-Fachmann hat er zahlreiche Reportagen, Zeitungsserien und Bücher verfasst und gestaltet. Zu seinen Büchern gehören unter anderem Werke über das Lavanttal, wie »Bad St. Leonhard – Stadt mit Geschichte und Kultur« (1995), »Reichenfels – Ein Markt im Wandel der Zeit« (1996), »Lust auf Lavanttal« (2007), »Lavanttal – Wissens- und Sehenswertes« (2020) und »Brauchtum in Wolfsberg« (2023). Werner M. Thelian ist ein Kenner der Region, der seine Leser auf eine anschauliche Reise durch Gegenwart und Vergangenheit mitnimmt und dabei komplexe historische Zusammenhänge verständlich darstellt.

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